Die Bremse ist eine Scheibe
Ab 2016 sind Scheibenbremsen an Rennrädern bei der World Tour, Pro Continental Tour und Continental Tour offiziell von der UCI zugelassen. Bereits in der Saison 2015 konnten Profiteams den Einsatz dieser Bremsentechnik bei diversen UCI-Rennen testen. Die Testphase erstreckt sich zwar noch über die gesamte Saison 2016, ab 2017 sollen Scheibenbremsen dann wohl endgültig freigegeben werden. Da der Profisport schon immer Vorreiter bei technischen Entwicklungen war, wird dies auch Auswirkungen auf die Amateur- und Jedermannszene haben. Viele Hersteller haben schon seit längerer Zeit Rennräder mit den Discs im Angebot.
Scheibenbremsen haben einen enormen Sicherheitsvorteil gegenüber herkömmlichen Felgenbremsen, da sie auch bei nassen Verhältnissen sicheres Bremsen ermöglichen. Aber auch bei langen Bergabfahrten sind sie ein Sicherheitsgewinn, da sich die Felgen bei längerem Verzögern nicht wie Felgenbremsen erhitzen was die Reifen zum Platzen bringen kann. Im Mountainbikesport haben Scheibenbremsen die bewährten Cantileverbremsen schon vor vielen Jahren abgelöst und sind dort nicht mehr wegzudenken. Auch beim Cyclocross sind Scheibenbremssysteme inzwischen im Vormarsch.
- Gewohntes Bild: Felgenbremsen sind seit Generationen Standard am Rennrad (Bild: Canyon Aeroad mit Felgenbremsen, Screenshot Canyon.com)
- Sicher aber unästhetisch: viele Radsportler können sich einfach nicht mit Scheibenbremsen am Rennrad anfreunden (Bild: Shimano Di2 Hydraulische Scheibenbremse für Rennräder)
- Zum Anbeißen: Norco Threshold Cyclocross 2016 mit Scheibenbremsen
In der Rennradszene sind Scheibenbremsen jedoch nicht bei allen Fahrern beliebt, da sie dem Rad eine neue und ungewohnte Optik verleihen. Ausserdem sind sie etwas schwerer und wartungsaufwändiger als herkömmliche Felgenbremsen. Elegant integrierte Bremsen wie bei vielen aktuellen Modellen sind damit nicht mehr möglich. Einige Profis bemängeln zudem, dass sich im hektischen Renngeschehen das Vorderrad an der hinteren Bremsscheibe des Vordermannes aufschlitzen könnte. Solch ein Vorfall ist jedoch in der bisherigen Testphase nicht aufgetreten. Da Scheibenbremsen allerdings nicht in allen Trainings- und Rennsituationen einen Vorteil bringen, bieten viele Hersteller einige ihrer Modelle parallel mit beiden Systemen an, so wie zum Beispiel Bianchi:
- Infinito CV mit Felgenbremsen und Shimano Ultegra (Bild: Screenshot Bianchi.com)
- Infinito CV mit Scheibenbremsen und Shimano Ultegra Di2 (Bild: Screenshot Bianchi.com)
Mechanisch oder hydraulisch?
Scheibenbremssysteme gibt es in zwei Ausführungen: als ein rein mechanische Version mit herkömmlichen Bowdenzügen oder als geschlossene hydraulische. Bei den mechanischen Varianten können herkömmliche Brems-/Schalthebel verwendet werden, außerdem sind sie günstiger und einfacher zu montieren. Bei den hydraulischen Systemen sind spezielle Hebel notwendig. Der entscheidendeVorteil gegenüber den mechanischen Systemen ist, dass hier keine Züge schleifen können und so die Bremswirkung beeinträchtigen. Jedoch müssen die hydraulischen Systeme sorgfältig entlüftet wreden, damit sich der volle Bremsdruck aufbaut.
- Mechanischer Bremskörper von Shimano
- Hydraulischer Bremskörper von Shimano
Bei der Wahl der Achse gibt es ebenfalls zwei Möglichkeiten: es gibt Systeme mit herkömmlichen Schnellspannern und auf der anderen Seite Steckachsen wie beim Mountainbike. Steckachsen haben den Vorteil, dass sie stabiler sind und das Rad passgenau fixieren auch wenn ein schneller Radwechsel notwendig ist. Bei den Profis hat man sich mittlerweile auf einen Standard bei den Steckachsen geeinigt: 10/100 mm am Vorderrad und 12/142 mm am Hinterrad (Durchmesser/Länge). Schnellspanner wiederum sind weit verbreitet und können mit einem geringeren Gewicht aufwarten, hier gibt es zig Leichtbauvarianten für Tuningfans.
- RockShox Maxle Ultimate Road Steckachse 12x100mm / 75g Gewicht
- Tune U20 Road Vorderrad Schnellspanner mit nur 11g Gewicht
Fazit
Scheibenbremsen sind ein enormer Sicherheitsgewinn. Gerade bei Radrennen, langen Abfahrten oder schlechtem Wetter haben sie dank ihrer erhöhten Bremssicherheit einen enormen Vorteil gegenüber herkömmlichen Felgenbremsen. Diese werden allerdings weiterhin ihre Existenzberechtigung haben, da sie zum Beispiel im Triathlonsport meistens vollkommen ausreichend sind. Aber auch bei Tourenfahrten im Flachen sind Scheibenbremsen nicht unbedingt notwendig. Hinzu kommt der bereits erwähnte Designaspekt: schöne Räder werden wohl auch in Zukunft vorwiegend ohne Scheibe gebaut. Dank dem vermehrten Einsatz von Scheibenbremsen im Profisport werden sich diese jedoch wohl ähnlich wie elektronische Schaltungen trotz hartnäckiger Vorbehalte auch im Amateur- und Hobbyradsport auf lange Sicht durchsetzen.
Links
Offizielle Pressemeldung der UCI zu Scheibenbremsen im Profi-Strassenradsport
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[…] Das Interesse am Offroadfahren mit den speziellen Bikes hat auch im Hobby- und Amateurbereich in den letzten Jahren stark zugenommen. Nahezu jeder namhafte Rennradhersteller hat auch gute und erschwingliche Crosser im Angebot, selbstverständlich inzwischen standardmäßig mit Scheibenbremsen ausgerüstet. […]
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